Die Unterschiede scheinen schwer zu wiegen: auf der einen Seite der klassische Journalismus, gewichtig, ernsthaft, ergraut. Auf der anderen Seite das Internet, das zwar schnell, aber nie endgültig vergisst, und nach Sascha Lobo überhaupt nur das „hochspült, was ausreichend viele Menschen für interessant halten“. Oder, um es mit dem Titel einer Facebook-Gruppe auf den Punkt zu bringen: „In der Zeitung erfährt man, was gestern im Internet stand“.
Trotz der vermeintlichen Gegensätze lautet die Frage heute nicht mehr, ob Journalismus und Internet zusammen wachsen werden. Dass die Zukunft des Journalismus im Internet stattfindet, scheint unbestritten und wird unter anderem in der Serie „Wozu noch Journalismus?“ der Süddeutschen Zeitung diskutiert. Bleibt also die Frage, wie beide am besten voneinander profitieren können.
Besonders dem Fachjournalismus öffnen sich durch den Eintritt in die digitale Welt neue Möglichkeiten. Fachjournalismus ist, in seiner Definition nach dem Deutschen Fachjournalisten-Verband, eine journalistische Tätigkeit, die von Fachexperten durchgeführt wird, wissenschaftlich vorgeht und sich sowohl an Laien- als auch Expertenpublikum richten kann. Neben der Qualifikation des Autors definiert sich diese Tätigkeit also durch ihre wissenschaftliche Vorgehensweise. Umberto Eco definiert die Kriterien wissenschaftlicher Arbeit unter anderem wie folgt:[1]
- Die Untersuchung muß über diesen Gegenstand Dinge sagen, die noch nicht gesagt worden sind, oder sie muß Dinge, die schon gesagt worden sind, aus einem neuen Blickwinkel sehen.
- Die Untersuchung muß jene Angaben enthalten, die es ermöglichen nachzuprüfen, ob ihre Hypothesen falsch oder richtig sind, sie muß also die Angaben enthalten, die es ermöglichen, die Auseinandersetzung in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit fortzusetzen.
Wissenschaftliche Arbeit soll demzufolge einen schöpferischen Wert besitzen, ihre Quellen offen legen und weiterführende Diskussion ermöglichen. Auch die Medienjournalistin Ulrike Langer fordert in der Keynote des Jahreskongresses des Deutschen Fachjournalisten-Verbands ähnliche Qualitäten für den digitalen Journalisumus: Verlinken statt Kopieren, Offenlegung verwendeter Quellen, Anerkennung des Lesers als Quelle für Korrekturen, Ergänzungen und Anregungen.
Es sind genau jene Kriterien wissenschaftlichen bzw. digitaljournalistischen Arbeitens, die professionelle Beiträge von der Masse des im Internet geäußerten Halbwissens abheben können. Das Netz wird durch verlässliche und nachvollziehbare Informationen bereichert und Journalisten profitieren vom Feedback ihrer Leser.
Was ist also aus den Eingangs angeführten Gegensätzen geworden? Sie sind weiterhin vorhanden – und ergänzen sich prächtig. (Fach-)Journalismus, der sich auf die digitale Welt einlässt, Potentiale erkennt und die Grundlagen wissenschaftlicher Arbeit beachtet, kann seine Stärken im Internet zur Geltung bringen und seine Leser durch Qualität, Transparenz und Offenheit überzeugen.
1. Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt. Doktor-, Diplom- und Magisterarbeit in den Geistes-und Sozialwissenschaften. Heidelberg: C.F. Müller 1988.
[…] werthaltiger Blogartikel sollte sich an Umberto Ecos bereits erwähnten Maßstäben wissenschaftlichen Arbeitens orientieren und “Dinge sagen, die noch nicht gesagt worden sind” oder “Dinge, die […]
[…] werthaltiger Blogartikel sollte sich an Umberto Ecos Maßstäben wissenschaftlichen Arbeitens orientieren und “Dinge sagen, die noch nicht gesagt worden sind” oder “Dinge, die […]